Samstag, 22. Februar 2014

Bilderreihe

In der Klinik. Frauen warten auf die Nachsorge.

Im Geburtsraum - der "Reanimationstisch"

Labour ward - Liege 1

Labour ward - Liege 2

Blick aus dem "Büro" - hier waschen die Frauen ihre Wäsche, im Hintergrund wird der Müll der Klinik verbrannt.
Bei der Arbeit


Die Station - und eine Frau in den Wehen

Gelände der Klinik

nochmal das Kliniksgelände...

Geburtsraum bei Shanti!

Das Plumpsklo. Nase zu und durch...

Der Empfangsraum, links gehts ins Vorsorgezimmer.

Die Wochenbettstation

Zurück ins Volunteerhouse...




Yoga-Stunde

eine Schulklasse

ein erstes Outreach!


Klein Julia

So wird in Afrika getragen. Nix mit komplizierten Tragehilfen!

manchmal ist das Leben schwer...

mein erster Workshop!

Samstag, 15. Februar 2014

a bumpy ride


Wow. Was für eine Woche! Ein Auf und Ab mit Höhen und Tiefen!
Sechs Kinder durfte ich diese Woche  auf ihrem Weg ins Leben begleiten.
In der Klinik hier läuft die Geburtshilfe anders als ich sie jemals gesehen habe. Die vielen wehenden Frauen bleiben so lange auf der “Station” (eine Anneinderreihung von 15 Betten), bis “es drückt”.
Zu Beginn werden sie kurz untersucht und dann im Wehenschmerz allein gelassen. Jede Frau, die jemanden mitbringt, der sich um sie kümmert, kann sich glücklich schätzen. Diese Person bringt ihr Essen und Trinken, besorgt die Handschuhe und die Medikamente, hält den Platz ordentlich, richtet das Bett und macht nach der Geburt die Wäsche. Wer niemanden hat, muss eben all das alleine machen, oder einfach aushalten. Möglichst still und leise gebären, dabei keine Gefühle zeigen – das scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein.

Irgendwann kommen sie dann (mit ihrer Begleitung) in den Geburtsraum gelaufen, angespannt, ängstlich und verkrampft. Bei der ersten Geburt am Dienstag waren gerade zwei Frauen im Geburtsraum (eine Schwangere zur Untersuchung und eine Wöchnerin, die ein Verhütungsimplantat bekommen hat). Der kleine Raum war also voll, als seine der Wehenden von der Station kam, um ihr Kind zur Welt zu bringen. Schnell alle raus! Die Plastikfolie wird auf die Liege gelegt, die Gebärende zieht sich aus, legt sich auf den Rücken, wird zum Schieben angefeuert  und keine fünf Minuten später ist das Baby da. Das Kind wird nun erstmal an den Füßen hochgehalten, die Nabelschnur sofort durchtrennt und dann in viele Tücher gewickelt, um anschließend sofort untersucht zu werden. Sobald die Plazenta geboren ist und die Frau sich wieder angezogen hat, steht sie auf und geht auf die Station, als sei nichts passiert. Gebären scheint derart alltäglich zu sein, dass ich bisher bei keiner Geburt irgendeine Emotion der Frau erlebt habe.

Nachdem wir dann kurz den Raum geputzt haben, kam auch schon die nächste Frau rein. Diesmal hat ihre Begleitung ein kleines Bündel in der Hand gehalten – ihr Kind, geboren im Plumpsklo in der 28.SSW, 1200g leicht. Der kleine Junge wurde abgenabelt, auf die Brust der Mutter gelegt und zugedeckt. Angestrengt versuchte er, zu atmen, hat sogar langsam etwas Farbe bekommen und ein zartes Schreien von sich gegeben. Erst später habe ich erfahren, dass diese Frau eine Stunde vorher schonmal da war – um den ersten Zwilling zu gebären. Ich kann mir nicht erklären, wieso diese Frau nach der Geburt des ersten Zwillings allein gelassen wurde! Der erste Zwilling hat sich genauso schwer getan, wog 1300g und lag in ein Tuch gewickelt alleine im Bett der Mutter, als sie mit dem schon geborenen Bruder in den Kreißsaal kam. Die Hebammen erklärten mir, dass sie den Ehemann schon angerufen hätten, damit die Frau in ein Krankenhaus verlegt werden kann, in dem die Frühchen versorgt werden kann. Aber der Mann hat sich eben Zeit gelassen, sodass die Frau mit ihren Zwillingen schließlich drei Stunden nach der Geburt des ersten Kindes verlegt wurde. Eine besondere Situation schien dies nicht zu sein. In aller Seelenruhe (man könnte es auch Gleichgültigkeit nennen) wurde die Frau zur Station gebracht, damit Platz für die Nächste gemacht werden kann. Es wird schon irgendwann jemand kommen, der die Frau verlegt…

Geburt Nummer vier durfte ich dann im “Mzungu Style” selbst leiten. Zwei Liegen gibt es im Kreißsaal, sodas die diensthabende Hebamme auf Liege 1 eine weitere schnelle Erstgebärende entbunden hat, während ich daneben mit der anderen Frau gearbeit habe. Diese Frau hat ihr drittes Kind erwartet und  kaum Englisch gesprochen. Trotzdem haben wir uns verstanden, sodass ich ihr zeigen konnte, welche Positionen sie probieren kann und wie die Atmung ihr helfen kann. Man lernt auch, mit den wenigen vorhandenen Materialien irgendwie zurecht zu kommen. Vorher wurde sie gut von ihrer Begleitung mit Essen und Trinken versorgt und hat dankbar jede Hilfe, jedes bestärkende Wort, jeden freundlichen Blick und die Kreuzbeinmassage angenommen. Es ist nicht leicht, in diesem Raum eine angemessene Atmosphäre zur Geburt zu schaffen. Nur durch einen Vorhang getrennt von der anderen Frau blieben uns vielleicht fünf qm, die wir nutzen konnten. Alles ist gut gelaufen, Mutter und Kind ging es die ganze Zeit über gut. Mit leicht verwirrtem und staunenden  Blick kam die diensthabende Hebamme dazu, als ich den kleinen Jungen aufgefangen hab und die Frau dabei in einer aufrechten Position (im 4-Füßler) war. Aber sie ließ mich alles so machen, wie ich es für “richtig” halte, sodass ich die Nabelschnur auspulsieren lassen konnte und das Kind nach dem Abtrocknen Haut-auf-Haut auf die Brust der Mutter gelegt habe. 

Am Mittwoch habe ich meinen ersten Workshop zum Thema Geburtspositionen im Geburtshaus gehalten. Es ist sehr gut gelaufen, wir hatten viel Spaß und ich denke, dass die Hebammen etwas mitnehmen konnten und die ein oder andere Technik anwenden werden. 

Seit Donnerstag ist die Leiterin der Organisation auch hier und so langsam habe ich das Gefühl, mich nach dem schwierigen Start etwas mehr einzuleben und dass die Zeit hier eine Bereicherung für mich sein kann. Danke auch für die vielen lieben eMails, vor allem von vielen Familien, die ich in Koblenz begleitet hab! Ihr seid großartig !

Am Freitag wurde ein hübsches  Mädchen bei Shanti geboren. Alle Hebammen waren bei einem Workshop, sodass ich die Frau auch alleine betreut habe. Es war das sechste Kind und es ist alles gut gelaufen. Eine kleine Julia!

Was mich diese Woche wirklich fassungslos gemacht hat war die Nachricht vom Hebammenverband in Deutschland. Unsere Versicherung streicht zum 01.Juli 2015 die Beurfshaftpflichtversicherung. Wenn keine Alternative gefunden wird, bedeutet dies das Aus für alle freiberuflichen Hebammen, für Geburtshäuser und Praxen. Auch Kurse, Hebammenvorsorge und Nachsorge wird es dann nicht mehr geben, denn ohne eine Versicherung dürfen wir in Deutschland nicht arbeiten. Hier der Link zum Artikel.

http://www.hebammenverband.de

Ich hoffe so sehr, dass bis dahin ein anderes Versicherungsunternehmen gefunden werden kann – sonst kann ich meinen Beruf an den Nagel hängen…
Frauen, wehrt euch!  Ein ganzer Berufsstand steht vor der Vernichtung!



Dienstag, 4. Februar 2014

Dream big and dare to fail.



Die letzten Tage waren nicht leicht für mich und voller Zweifel, ob es richtig ist und mir gut tut, was ich hier erlebe. Das erste mal in meinem Leben habe ich sowas wie Heimweh gespürt und ich lerne meine Heimat immer mehr schätzen. Ich habe mir nicht mehr die Frage gestellt, ob ich sechs oder acht Monate bleibe, sondern ob ich viel eher schon alles abbreche. Dieses Land ist so verrückt. Wie sagen so viele? Afrika – man liebt es oder hasst es, aber verstehen kann man es nicht. Der ganze Müll auf den Straßen, das Chaos, dass nichts wirklich wie erwartet funktioniert, die vielen bettelnden Kinder. Andererseits ist da eine wunderschöne Landschaft, sehr freundliche Menschen, ständiger Sonnenschein und eine Gelassenheit und Genügsamkeit, von der wir nur lernen können. Im Moment gehe ich wohl durch die Gefühle, die erstmal viele Volunteers haben, und das ist okay und wird hoffentlich besser werden. So schnell wird nicht aufgegeben und ich möchte mir auch nicht als Mantra machen, dass alles so schwierig und blöd ist, sondern versuchen, offen an die neuen Aufgaben ranzugehen. 
 
Nach meinem ersten Monat habe ich nun meine “Placement Form” bekommen. Es ist gut, jetzt endlich etwas zu haben, an dem ich mich orientieren kann. Meine Aufgaben sind vor allem, die Hebammen vor Ort zu “trainieren” und “up-to-date” zu halten. Sprich Workshops, Fortbildungen und sogar “Einzelunterricht” zu geben. Mit dieser Rolle habe ich nicht gerechnet . Ich bin davon überzeugt, dass die Hebammen im Geburtshaus einen guten Job machen, sehr kompetent sind viel besser als ich wissen, was die Frauen hier vor Ort brauchen. Hier nicht als “schlaue Weiße aus dem Westen” rüberzukommen, die den Kolleginnen nun sagt, wie man es “richtig” macht, wird glaub ich nicht so einfach.
Ich werde es aber versuchen und meine Workshops hoffentlich so gestalten können, dass eine Diskussion entsteht und ich nicht als Lehrerin auftrete. Auch an dieser Aufgabe kann ich wachsen! Es geht vor allem darum, eine “Botschaft” rüberzubringen, so wurde es mir gesagt. Die Hebammen anzustecken mit der Leidenschaft, die ich für meinen Beruf mitbringe und ihnen Nahe zu bringen, was es bedeutet, eine Frau so zu betreuen, dass sie gestärkt und nicht traumatisiert aus der Geburt geht.

Inzwischen hatte ich auch meinen ersten Tag im Krankenhaus und habe hier zwei Frauen unter Geburt mitbetreut (haben aber beide nicht bei mir geboren). Beide konnten kein Wort Englisch, aber mit Blickkontakt und “Hand und Fuß” geht es irgendwie. Die Hebamme hat mich arbeiten lassen und man findet einen Weg, mit den Frauen umzugehen. Im Krankenhaus arbeitet man wirklich unter den einfachsten Umständen. Es fehlt hier an allem. Das Haus wird von der Regierung getragen und nur sehr spärlich mit den notwendigen Materialien versorgt. Es gibt einen Geburtsraum mit zwei Liegen, dazwischen ein Vorhang. Auf einem kleinen Tisch stehen die nötigsten Instrumente sowie eine Wasserkanne zum Hände waschen. Die Station für die Frauen ist voll und draußen warten schon die nächsten, um untersucht, betreut, beraten zu werden. Die Station hat 15 Betten, die einfach nebeneinander stehen. Hier liegen Frauen mit Wehen, nach der Geburt, mit Malaria, usw.
Alle bringen sich ihre eigenen Laken mit, und wenn kein Platz mehr da ist, liegen sie auf einer Matte zwischen den Betten. Die Familie kommt und kümmert sich um die Frauen, bringt ihnen Essen und Trinken. Sonst werden die Frauen viel allein gelassen und eben nur das Nötigste gemacht. So sieht man also überall auf der Station wehende Frauen, die einfach nur versuchen, still zu bleiben und sich bei jeder Wehe verkrampfen. Zur Untersuchung gehen sie zwischendurch in den Geburtsraum, um danach wieder allein gelassen zu werden. 

Bei Shanti ist es weiterhin ziemlich ruhig, sodass ich mir zur Aufgabe gemacht habe, mal ein bisschen aufzuräumen. Ich hab soo viel abgelaufene Dinge gefunden und Koffer voller Spenden, von denen die Hebammen nichts wussen oder auch gar nicht wussten, wofür man die Dinge gebrauchen kann…

Letzte Woche dachte ich außerdem mal für einen kurzen Moment “so, das wars!”, als ich in einem Matatu saß und es eine wirklich laute Explosion gab und das ganze Matatu voller Rauch war.
Es war aber alles ok, nur ein Kind hatte offene Wunden im Gesicht, um die sich aber auch niemand groß gekümmert hat.

Eine der Hebamme hatte leider in der 34.SSW eine Totgeburt. Heute habe ich sie zuhause besucht, ihr eine Bauchmassage gegeben und eine “richtige Hebammennachsorge” gemacht. So viel Dankbarkeit habe ich hier bisher selten erlebt wie in diesem Moment!

Aber nicht dass ihr denkt, hier ware alles schlecht!
Wir waren am Wochenende am Lake Mburo , haben Zebras gesehen und ganz viele Nilpferde und Krokodile auf einer Bootstour. Es ist so schön, jeden Tag ins Geburtshaus zu kommen und von so freundlichen, lieben Menschen begrüßt zu werden, die ich schon sehr in mein Herz geschlossen habe!  Außerdem werde ich sehr gut von der Projektkoordinatorin unterstützt und das hilft mir, offener an alles ranzugehen und den Mut zu haben, es einfach zu probieren.

Ich vermiss euch! Es ist  so viel wert, eine Familie und Freunde zu haben, die hinter einem stehen, egal, wie man sich entscheidet. Danke dafür
! :)